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Podcasts sind zu einem globalen Phänomen geworden. Überall auf der Welt entdecken Audiences das Medium für sich, abonnieren ihre Lieblingsshows und folgen Creator*innen auf Social Media. Aber bedeutet dieser Trend auch, dass wirklich alle Podcasts auf der ganzen Welt gehört werden können? Natürlich nicht. Denn im Gegensatz zu TV-Shows, Filmen und anderen Medien finden Podcasts meist nur in den Ländern Gehör, in denen sie auch produziert wurden. Das liegt vor allem an der Sprache.
Es gibt bei Podcasts (ohne Video-Elemente oder 1A-Transkription) noch keine Untertitel, die wir beim Hören eines Podcasts mitlesen könnten. Stand heute können wir auch nicht wie bei Netflix & Co. mal eben die Synchronisation ändern. Das führt am Ende dazu, dass viele gute Storys ungehört bleiben.
Eine Möglichkeit, das Problem der Sprachbarriere zu umgehen, ist Podcast-Übersetzung. Immer mehr Podcast-Unternehmen übersetzen ihre Erfolgsformate in andere Sprachen, um das Potenzial dieser Shows auf dem internationalen Podcast-Markt zu nutzen. So auch Podimo. Das dänische Podcast-Unternehmen zählt zu den Vorreitern in Sachen Podcast-Übersetzung und hat mehr als 100 Formate, darunter den True-Crime-Hit »Murder in the North«, für Hörer*innen auf der ganzen Welt übersetzt.
Aber wie kam es eigentlich dazu, dass Podimo mehrsprachiges Storytelling für sich entdeckt hat? Was sind die Benefits und Challenges bei so einem Unterfangen? Und welche Genres eignen sich besonders gut dafür? Das alles verriet mir Jake Chudnow, Global Director of Studios bei Podimo, im Interview. Passend zum Thema gibt es hier die übersetzte Version unseres Gesprächs. Viel Spaß and enjoy!
Wann fing Podimo an, Podcasts zu übersetzen? Und wie ist die Idee entstanden?
Jake: Podimo fing 2019 damit an, Podcasts in andere Sprachen zu übersetzen, – also noch recht früh. Es begann alles mit einem Experiment für den Podcast »Murder in the North« (»Mord i nord«). Der Podcast stammt aus Dänemark und war auf Dänisch bereits sehr erfolgreich. Als wir das Format zusätzlich noch auf Deutsch übersetzten (»Morden im Norden«), stellten wir fest, dass es auf Deutsch sogar wesentlich besser performte. Diese Erfolgsgeschichte war für uns sehr aufregend und weckte schon früh diese Begeisterung für das Konzept der Podcast-Übersetzungen in uns.
Darüber hinaus haben wir auch festgestellt, dass unsere Hörer*innen am liebsten in ihrer Muttersprache hören. Je nach Markt hören zwischen 90 % und 96 % der Podimo-Nutzer*innen Podcasts am liebsten in ihrer Muttersprache. Und selbst in Märkten wie Deutschland oder Dänemark, wo Podimo gegründet wurde und viele Menschen Englisch sprechen, sehen wir eine Vorliebe für Podcasts in der Landessprache. Das ist eine großartige Change für Podcast-Übersetzungen; solange man das richtige Format und das richtige Thema wählt.
»Je nach Markt hören zwischen 90 % und 96 % der Podimo-Nutzer*innen Podcasts am liebsten in ihrer Muttersprache. Und selbst in Märkten wie Deutschland oder Dänemark, wo […] viele Menschen Englisch sprechen, sehen wir eine Vorliebe für Podcasts in der Landessprache.«
Jake Chudnow
Haben damals schon viele andere Firmen Podcast-Übersetzungen produziert? Wie sah der Markt aus und was ist der Status quo heute?
Jake: Als wir angefangen haben, gab es noch nicht viele Unternehmen, die Podcasts übersetzt haben. Ich glaube auch, dass es noch immer ein großes Wachstumspotenzial gibt. In anderen Medien-Formaten wie Film, Fernsehen, oder Print, gehören Übersetzungen und Adaptionen zum Standard. Und in der Welt des Audio-Entertainment ist das Thema Übersetzung noch nicht so etabliert; abseits von Audiobooks natürlich. Es wurden bisher noch nicht viele Podcasts übersetzt, was Podimo zu einer treibenden Kraft in diesem Genre macht. Allein im letzten Jahr hat Podimo Studios über 100 Podcasts in acht verschiedene Sprachen übersetzt.
Also ist das Feld noch ziemlich unerforscht?
Jake: Der Markt hat sich in den letzten Jahren zwar schon weiterentwickelt. Aber meiner Meinung nach gibt es noch immer viel Wachstumspotenzial. Aktuell tut sich in diesem Bereich auch nicht so viel. Das könnte auch daran liegen, dass sich nicht jeder Podcast für eine Übersetzung eignet. Die erste Frage lautet nämlich immer, ob ein Format überhaupt übersetzbar ist. Wenn diese Frage beantwortet ist, gibt es eine viel kleinere Auswahl an Shows, die überhaupt infrage kommen. Aber wenn man es richtig macht, – und ich glaube, es gibt eine Handvoll Unternehmen, die es abseits von Podimo richtig machen –, kann Podcast-Übersetzung ein unglaublich spannendes Tool sein, um neue Audiences aus anderen Ländern um eine bereits bestehende Story aufzubauen.
Ich könnte mir vorstellen, dass so eine Übersetzung nicht günstig ist. Könnte der Kostenfaktor ein Grund dafür sein, dass Podcast-Übersetzungen noch nicht so verbreitet sind?
Jake: Podcasts erfolgreich zu übersetzen ist ein zeitintensiver und potenziell auch kostspieliger Prozess. Allerdings denke ich, dass Übersetzung auch viele Einsparungen ermöglicht. Nehmen wir zum Beispiel das kreative Risiko: Wenn eine Show sich in einer Sprache oder einem Land bereits bewährt hat, gibt uns das als Unternehmen eine gewisse Zuversicht, dass sie auch in anderen Märkten funktioniert. Wenn der Podcast sich dann auch noch in zwei Sprachen bzw. Ländern bewährt, stimmt uns das noch zuversichtlicher, dass er auch in einer dritten Sprache funktioniert. Etwas komplett Neues zu kreieren zählt wahrscheinlich zu den riskantesten Challenges im Entertainment-Business; daher ist es umso wertvoller, dieses Risiko zu minimieren.
»Wenn eine Show sich in einer Sprache oder einem Land bereits bewährt hat, gibt uns das als Unternehmen eine gewisse Zuversicht, dass sie auch in anderen Märkten funktioniert.«
Jake Chudnow
Durch Übersetzungen kann man aber auch den Zeitaufwand im Team verringern. Die Entwicklung neuer Ideen kann viel Zeit in Anspruch nehmen und wenn man stattdessen mit einer Show arbeitet, die bereits existiert und funktioniert, kann man die eingesparte Zeit in die Übersetzung und Überarbeitung der Show stecken.
Je nach Format kann eine Übersetzung natürlich auch teuer werden, – zum Beispiel, wenn man namhafte Artists engagiert –, aber in der Regel ist eine Übersetzung nicht so teuer wie die Produktion eines Original-Podcasts. Man kann also sagen, dass sich durch Übersetzungen viele Risiken des Produktionsprozesses verringern lassen.
Wie läuft eine Podcast-Übersetzung ab? Was sind die einzelnen Schritte?
Jake: Im ersten Schritt gilt es, das richtige Format auszuwählen. Podcasts, die von der Persönlichkeit der Hosts leben, sind in der Regel schwer zu übersetzen. Ein Beispiel dafür sind (Celebrity-)Talk-Formate, die keine wiederkehrenden Elemente haben und das Gespräch im Vordergrund steht. Ich würde sagen, dass alles, was nicht mindestens zu 70 % aus geskripteter Erzählung besteht, schwer zu übersetzen und auch anzuhören ist. »Murder in the North« ist zum Beispiel ein komplett geskriptetes Storytelling-Format, bei dem es nur eine*n Sprecher*in gibt. Das macht ihn zu einem Podcast, bei dem die Übersetzung relativ einfach ist.
Wir haben aber auch schon Podcasts mit Interview-Elementen übersetzt. In solchen Fällen gibt es dann einen Anteil an geskripteter Erzählung, die wir übersetzen, und einen Anteil an Interviews, die wir synchronisieren. Hier hört man also noch die Originalstimmen, die wir beim Mixen dann etwas leiser drehen, und die Stimme einer Sprecherin oder eines Sprechers in einer neuen Sprache. Der erste wichtige Schritt bleibt aber die Auswahl des Podcasts.
Anschließend geht es dann an die Übersetzung. Das geschieht Wort für Wort. Danach schauen sich unsere Redakteur*innen die Übersetzung noch mal genauer an und achten darauf, dass nicht nur die Worte übersetzt wurden, sondern auch die kreative Vision: die Emotionen, die Energie und der Flow des Originals. Dieser Schritt ist bei einer Podcast-Übersetzung besonders wichtig. Wenn das alles steht, geht es ans Casting; also daran, die richtige Stimme zu finden. Hierbei kann man entweder darauf achten, dass die Stimme einen ähnlichen Klang hat wie das Original, oder man kann jemanden casten, der/die im neuen Markt bekannt ist oder eine besondere Verbindung zum Thema des Podcasts hat. Damit haben wir in der Vergangenheit bereits gute Erfahrungen gemacht.
Welche Rolle spielt der Erfolg des Original-Podcasts? Ist er ein Hauptkriterium bei der Auswahl der Shows?
Jake: Ja, ist er. Übersetzungen sind zwar günstiger als neue Produktionen, aber sie sind eben nicht günstig. Und obwohl sie vielleicht zeitsparender sind, nehmen sie trotzdem Zeit in Anspruch. Wir müssen also im Vergleich zu einem komplett neuen Podcast mindestens genauso zuversichtlich sein, – oder im Idealfall sogar noch zuversichtlicher –, dass ein übersetztes Format funktionieren wird. Daher denke ich, dass es ein Vorteil ist, sich die Erfolgsgeschichte und die Performance des Original-Podcasts anschauen zu können, um bei der Übersetzung einige Risiken aus dem Weg räumen zu können.
Natürlich haben wir aber auch schon die ein oder andere Ausnahme gemacht. Es gab schon Fälle, in denen wir eine Show gleichzeitig in mehreren Sprachen gelauncht haben, um eine Story global zu erzählen. Ich würde aber trotzdem sagen, dass der Aufbau auf einem erfolgreichen Gerüst eines der größten Benefits von Podcast-Übersetzungen ist, da man einfach weniger Risiken eingeht.
In der Regel übersetzt ihr also erst in eine Sprache und baut dann ggf. darauf auf?
Jake: Genau. In der Regel übersetzen wir zunächst in eine Sprache und schauen dann, wie die Show im neuen Markt performt. »Murder in the North« haben wir mittlerweile in acht Sprachen übersetzt, was uns das Selbstbewusstsein gegeben hat, zu sagen: Wenn wir in einem neuen Markt launchen, launchen wir mit dieser Show, denn sie hat sich bereits mehrfach bewährt. Und wenn wir in zehn neuen Märkten launchen sollten, würden wir wahrscheinlich zehn neue Übersetzungen der Show kreieren.
Du sagtest, dass nicht alle Podcasts sich gleichermaßen für Übersetzungen eignen. Welche Rolle spielt das Genre?
Jake: Zu den Genres, die sich besonders gut für Übersetzungen eignen, gehören u. a. True Crime, Geschichte, persönliche Entwicklung, Wissens-Podcasts, und alle weiteren Genres, bei denen es viel Raum für Narration gibt. Narration lässt sich eben besonders gut übersetzen. Umgekehrt eignen sich Entertainment- und andere Talk-Formate weniger gut, da sie wenig Raum für Storytelling lassen bzw. nicht darauf angewiesen sind.
Dazu passt ja auch, dass viele eurer übersetzten Formate aus dem True-Crime-Genre kommen. Betreibt ihr eigentlich Marktforschung, um zu sehen, ob ein bestimmtes Genre wie True Crime in einem neuen Markt überhaupt beliebt ist? Spielen die Hörgewohnheiten- und Vorlieben der neuen Audience eine Rolle?
Jake: Das tun sie. Der Blick auf die Hörgewohnheiten hilft uns auch bei der Auswahl der Shows, die wir für einen bestimmten Markt übersetzen. Es kann auch schon mal vorkommen, dass wir bereits eine Audience für bestimmte Genres in einem unserer Märkte aufgebaut haben und diese Audience zum Beispiel keine Überschneidung mit True Crime hat. In so einem Fall würden wir nicht unbedingt ein True-Crime-Format übersetzen. Wir hören also immer auf unsere Heads of Content in den einzelnen Märkten und besprechen gemeinsam, für welche Titel es ein Publikum geben könnte.
Gleichzeitig versuchen wir, möglichst alle Genres für alle Märkte zu übersetzen. Podimo wächst immer weiter und im Zuge dessen wollen wir immer mehr zu einer Plattform werden, die sich nicht auf einzelne Kategorien fokussiert, sondern ein breites Spektrum von Hörer*innen anspricht.
Übersetzt ihr nur in Märkte, in denen Podimo bereits gelauncht wurde? Oder arbeitet ihr auch andernorts an Podcasts, die nicht zu eurem eigenen Portfolio gehören?
Jake: Sowohl, als auch. Einerseits übersetzen wir Podcasts, die entweder über unsere Studios Group produziert wurden oder unsere lokalen Teams produziert haben und unsere Studios Group für eine Übersetzung ausgewählt hat. Andererseits haben wir auch schon einige Partnerschaften mit Brands geschlossen: mit Disney für die Übersetzung von »The Dropout«, mit iHeartMedia für die Übersetzung von »Forgotten: Women of Juárez« und mit Somethin‘ Else für gleich mehrere Formate. Wir arbeiten auch mit vielen independent Creator*innen auf der ganzen Welt zusammen.
Zu den Shows, die wir in Zusammenarbeit mit independent Podcaster*innen aus den USA übersetzt haben, gehören u. a. »Unresolved« und »Swindled«. Beide gibt es jetzt auch auf Deutsch. Eine weitere Show, »Obscure History«, übersetzen wir gerade für mehrere Märkte.
Wir haben also bisher sowohl in Sprachen aus Märkten übersetzt, in denen Podimo bereits gelauncht wurde, als auch in solche, wo Podimo in Zukunft existieren könnte. Als Unternehmen setzen wir auf einen hyperlokalen Ansatz, wenn es um unsere Leistungen, den Content und die Besetzung unserer Teams geht. Wir möchten, dass Podimo sich in Deutschland zum Beispiel wie ein deutscher Service anfühlt. Genau so soll es in all unseren anderen Märkten auch sein, sprich: in Dänemark, Spanien, Norwegen, den Niederlanden, Finnland und Mexiko.
»Als Unternehmen setzen wir auf einen hyperlokalen Ansatz, wenn es um unsere Leistungen, den Content und die Besetzung unserer Teams geht.«
Jake Chudnow
Ich würde gerne noch mehr über euren Erfolgs-Podcast »Murder in the North« erfahren. Wie kam es, dass ihr ihn zuerst auf Deutsch übersetzt habt?
Jake: Deutschland war der zweite Markt, in dem wir Podimo gelauncht haben. Daher war es auch die erste Sprache (nach Dänisch), in die wir den Podcast übersetzt haben. Die Entscheidung spiegelt den Zeitstrahl des Unternehmensentwicklung wider.
Gab es noch andere Podcasts, deren Übersetzungen erfolgreicher waren als das Original?
Jake: Podcasts aus Märkten mit einer kleineren Bevölkerung und kleineren Anzahl von Podcast-Hörer*innen sind oftmals erfolgreicher als Übersetzung, wenn sie für einen größeren Markt wie Deutschland übersetzt werden. Wir haben ein Format namens »Murder Tales« übersetzt, das ursprünglich aus Finnland kommt und in seiner Übersetzung mehr Umsatz einbrachte, als der Creator mit der Originalversion eingenommen hat. Mittlerweile ist auch das Original ein Podimo Exclusive.
Wir werden wahrscheinlich noch viel von Podimo hören, besonders, da ihr jetzt in mehrere neue Märkte expandiert. Gibt es ein Projekt, auf das du dich momentan besonders freust?
Jake: Generell würde ich mich besonders darüber freuen, wenn Übersetzung eine größere Rolle in der Podcast-Branche einnehmen würde. Wie bereits erwähnt, gibt es da noch viel Potenzial. Außerdem finde ich die Entwicklung von KI in diesem Zusammenhang sehr spannend. Der Übersetzungsprozess kann zeitaufwendig sein, und deshalb wird es interessant sein, herauszufinden, inwiefern KI diesen Zeitaufwand verkürzen kann. Ich glaube auch, dass KI in bestimmten Bereichen, wie der Wort-für-Wort Übersetzung, sehr hilfreich sein kann. Es gibt auch schon KI-Stimmen, die nicht nur ein Skript vorlesen, sondern sogar den Ton und den Flow von Sprecher*innen einnehmen können. Auch da müsste man noch einiges überarbeiten – wir sind immerhin menschlich – aber trotzdem denke ich, dass KI uns in einiger Hinsicht bei der Prozessoptimierung helfen könnte.
Das stimmt. Ich bin auch gespannt darauf, zu sehen, inwiefern KI bei Podcast-Übersetzungen in Zukunft zum Einsatz kommen wird.
Jake: Audio, – und besonders Audio, das mit Kopfhörern gehört wird –, schafft eine wirklich enge Verbindung zwischen Hosts und Hörer*innen. Und genau weil diese Verbindung so stark ist, wird es in Zukunft wahrscheinlich umso einfacher sein, zu erkennen, wenn etwas von einer KI erstellt wurde. Zwar wird KI eine immer größere Rolle spielen. Aber für uns, die damit arbeiten, bedeutet das: Sichergehen, dass alles richtig gemacht wird.
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