17.10.2022
Maren Papenbroock

»Nachruf auf mich«: Jule Lobo, wie macht man einen Podcast über den Tod?

vom podcast gelernt nachruf auf mich jule lobo

Wenn eine Person des öffentlichen Lebens oder ein*e Prominente*r stirbt, sind wenige Stunden später die Google-Ergebnisse voll mit Nachrufen zu der Person. Bestes Beispiel: Die Queen. Als sie Anfang September starb, waren nicht nur die Fernsehsender voll mit Berichten über das (Ab-)Leben der Queen, auch viele (Online-)Zeitschriften und Radiosender veröffentlichten einen Nachruf.

Solche Nachrufe liegen oft schon Jahre bereit, um im Fall sofort veröffentlicht zu werden.  Was dort genau steht oder gesagt wird, kann die verstorbene Person (logischerweise) nicht mehr beeinflussen. Eigentlich ja schade, oder?

Das dachten sich auch die Macher*innen des Podcasts »Nachruf auf mich«. Wäre es nicht cool, wenn die Promis ihren eigenen Nachruf lesen und sogar korrigieren könnten?

Mit Jule Lobo, der Hostin des Podcasts, habe ich für unsere Rubrik »Vom Podcast gelernt« gesprochen, weil ich wissen wollte, wie die Idee zu dem Podcast entstanden ist. Sie hat mir außerdem erzählt, wie der Moment ist, in dem die Promis live im Podcast auf ihre Nachrufe reagieren, wieso Jule Lobo selbst gerne über den Tod nachdenkt und welches Feedback sie auf den Podcast bekommt.

Interview über den Podcast »Nachruf auf mich«

Im Weekly gibt es eine etwas ungewöhnliche Interview-Rubrik. Für die hat sich meine Kollegin Denise von der Zeitschrift NEON inspirieren lassen (treue Leser*innen wissen natürlich, dass sie früher in der Online-Redaktion von NEON gearbeitet hat). Auf der letzten Seite war immer ein Interview mit einem Promi. Aber nicht mit Frage, Antwort, Frage, Antwort. Sondern die besten Sätze aus dem Interview standen für sich. Die Rubrik hieß »Vom Leben gelernt«. Nur interviewen wir (nicht ausschließlich) Promis, sondern Leute hinter den Podcast-Kulissen, die Learnings aus ihren besonders erfolgreichen oder innovativen Formaten verraten. Jeder Satz soll für sich stehen. Deswegen heißt die Rubrik »Vom Podcast gelernt«.

Aber hier nun das Interview mit Jule Lobo zu ihrem Podcast »Nachruf auf mich«:

Jule Lobo Podcast Nachruf auf mich

Jule Lobo, Journalistin und Podcasterin
Gelernt vom Podcast »Nachruf auf mich«

»Es fallen häufig diese Sätze: ›Das hätte die Person gehasst, wenn sie das gehört hätte oder das hätte die Person geliebt.‹ Wir haben uns dann gedacht: Wie wäre es denn, wenn man Leute mit ihrem Nachruf konfrontiert? Der wird ja immer dann veröffentlicht, wenn man tot ist und nichts mehr dazu sagen kann. Deswegen treffe ich mich in dem Podcast mit Personen des öffentlichen Lebens, die den Nachruf live in der Folge abgespielt bekommen.«

»Es ist wie über den Lebenslauf reden, aber in crazy.«

»Die Nachrufe schreiben Doris Hammerschmidt und Tina Jürgens von Zebra-Audio.net. Wobei wir alle noch mal inhaltlich darüber sprechen und schauen: Sehen wir die Person so? Wir stecken sehr viel Zeit in die Produktion der Nachrufe.« 

»Wir hatten Gespräche, die schnell tiefgründig wurden und wo wir unter Tränen über die wichtigen Dinge des Lebens gesprochen haben. Andere Gespräche waren absurd lustig. Da merkt man schon, dass die Menschen völlig unterschiedlich mit dem Tod umgehen. Manche lösen es mit Humor, manche mit einer philosophischen Tiefe, die Nächsten weichen fast ein bisschen aus und versuchen eher, im Hier und Jetzt zu bleiben.«

»Es sagt niemanden zu, der/die nicht Lust hat, über den Tod zu reden. Ich bin überrascht, wie viele Zusagen es gibt. Das zeigt mir auch, dass es ein Thema ist, über das man sich Gedanken macht und über das die Menschen viel häufiger reden wollen, als man denkt.« 

»Es soll ein persönliches, aber kein privates Gespräch werden.«

»Ich hatte vor der ersten Folge keine Bedenken, weil ich schon immer gerne über den Tod nachdenke und rede. Mir macht das keine Angst. Ich finde es spannend zu hören, was Leute dazu sagen, wie sie über das Leben und auch über den Tod denken.«

»Gerade bei der Folge mit Marteria merkt man total, dass er so in dem Thema drin ist und schon viel erlebt hat. Da war ich fast übermannt von der Ehrlichkeit und Deepness, die das Thema mit sich bringt.«

»Es ging mir bei den Gesprächen oft so, dass ich dachte: Krass, dass die Person das gerade einfach so offen sagt. Sabine Rückert hat zum Beispiel gesagt: ›Ja, mein Mann und ich überlegen schon, uns zusammen das Leben zu nehmen, wenn wir alt sind, weil wir immer zusammen waren.‹ Das sind Momente, die man mitnimmt. Da habe ich Tage danach noch darüber nachgedacht.«  

»Ein Nachruf ist keine Abrechnung. Das ist ein Erinnern an eine Person. Wir haben keine Leute eingeladen, die wir nicht im Gedächtnis behalten möchten.« 

»Wenn man einen Podcast zu so einem Thema macht, kriegt man auch Nachrichten zu diesem Thema. Es ist total schön zu sehen, dass sich so viele Leute selbst über ihren Tod und ihren Nachruf Gedanken machen. Das hätte ich gar nicht erwartet, weil ich dachte, es geht am Ende trotzdem eher um die prominenten Geschichten.« 

»Bei meinen anderen Podcasts ist die klassische Zielgruppe zwischen 20 und 40 Jahren alt. Aber bei dem Podcast schreiben mir vermehrt Leute über 60, das war neu für mich. Das hat sicherlich auch mit der Gäst*innen-Auswahl zu tun. Ich hätte ehrlich gesagt gedacht, je älter man ist, desto weniger hat man Bock auf den Podcast.«

»Ich merke oft, dass Menschen eine andere Vorstellung von sich haben, als die öffentliche Wahrnehmung ist. Es ist oft bei Prominenten ein Problem, dass das öffentliche Bild eines ist, das andere gezeichnet haben und unter dem man vielleicht selbst leidet. Die Gäste da rauszukriegen ist schon eine Herausforderung, aber ich finde das total spannend.«

»Ich freue mich immer am meisten, wenn der Nachruf abgespielt wird, weil es wirklich live on tape ist. Es gab schon auch Menschen, die danach erst mal schlucken mussten, das kann man bei der Situation sehr gut verstehen.«

Nachruf auf mich Podcast Cover

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Maren Papenbroock

Podcasts hören und darüber schreiben? Traumjob! Maren ist Redakteurin bei Podstars by OMR, ihre Texte sind auf dem Blog und im MIXDOWN-Newsletter zu lesen.

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