Deshalb lohnt sich Podcast-Werbung fü...
Lead Generierung kann sich schnell zu einer Herausforderung entwickeln, gerade für junge...
Ich bin ein sogenanntes Sektor-Kind. Das heißt, für mich gab es als Jugendliche keinen anderen Radiosender als 1LIVE. Und dazu gehörte auch, dass auf jeder Hausparty (ging natürlich nur, wenn sturmfrei war) irgendwann eine Diskussion darüber entbrannt ist, wer die krasseste Geschichte aus der Call-in-Sendung »Domian« auswendig kannte. Von 1995 bis 2016 konnten Menschen in der Show, die nachts bei 1LIVE und zeitgleich im WDR lief, anrufen und je nach Thema von ihren Geheimnissen, Schicksalsschlägen oder Problemen erzählen. Ich weiß nicht, wie oft ich zu Jürgen Domians Stimme schon eingeschlafen bin. Und das, obwohl viele Folgen menschliche Tragödien und Abgründe gezeigt haben, die ich mir in meinen wildesten Träumen nicht hätte ausmalen können.
Genau diese Stimme hatte ich am Telefon. Aber nicht, weil ich dem »Kult-Seelsorger« mein Herz ausschütten wollte (vielleicht schon), sondern weil ich zum Interview mit ihm verabredet war. Er ist nämlich nicht nur mit seiner neuen Show »Domian Live« zurück im Fernsehen, sondern dazu mit »Domian 2021« auch unter die Podcaster:innen gegangen. Und in beiden Formaten tut er das, was er am besten kann: zuhören.
Deine Sendung war für viele der allererste Podcast, obwohl sie gar kein Podcast war. Wann ist dir das bewusst geworden?
Jürgen: Das ist noch gar nicht so lange her. Aber mir war damals schon klar, dass die Sendung durch das tolle Engagement eines Fans weiterlebt. Er hatte die Seite »Nachtlager« ins Leben gerufen und fleißig alle Ausgaben von »Domian« dort zur Verfügung gestellt. Nachdem dann das Thema Podcasts in den letzten Jahren immer mehr um sich griff, realisierte ich, dass wir in der Tat der erste große Podcast in Deutschland waren. Die Leute konnten sich die Folgen je nach Belieben einfach bei »Nachtlager« herunterladen.
War es eine logische Konsequenz für dich, dass du jetzt auch einen richtigen Podcast machst?
Jürgen: Ja, absolut. Die Idee war: Wenn wir schon die Anfänge dieses Geschäfts gestaltet haben, dann müssen wir jetzt auch weitermachen. Und dieses Format bietet sich ja nun wirklich perfekt für einen Podcast an. Perfekter geht’s kaum.
Wäre es ohne Corona auch zu dem Podcast gekommen?
Jürgen: Ja, ich denke schon. Corona hat die Sache vielleicht ein bisschen befördert, aber es lag schon in der Luft, es zu machen.
Ich habe mich schon oft gefragt, warum es das nicht schon viel früher gab.
Jürgen: Das habe ich mich auch gefragt. Die Mühlen des WDR mahlen leider recht langsam.
Was sind die Unterschiede zwischen dem neuen »Domian Live« bzw. der Show, die du früher hattest, und deinem Podcast »Domian 2021«?
Jürgen: Eigentlich gibt es keine Unterschiede. Vielleicht, dass ich im Podcast etwas länger mit den Leuten reden kann, wenn es sich anbietet. Aber auch nicht unbedingt. In einem Fernsehformat steht man natürlich ein bisschen mehr unter Druck – obwohl ich mir viele Jahre und Jahrzehnte die Freiheit genommen habe, auch in der Fernseh-Radiosendung lange mit den Leuten zu reden, wenn die Substanz da war.
Könnt ihr im Podcast denn vielleicht ein bisschen mehr Risiko eingehen, weil ihr zur Not was rausschneiden könnt?
Jürgen: So denke ich gar nicht. Und meine Mitarbeiter auch nicht. Ich habe 22 Jahre Live-Talk, sozusagen Live-Podcast gemacht, da ist mir Rausschneiden ein Gräuel. Und auch die Podcast-Folgen, die wir jetzt produzieren, werden original so produziert, wie sie dann ins Netz gestellt werden. Da schneiden wir überhaupt nicht. Das würde das Format verbiegen und unauthentisch machen.
Wie kann ich mir den Workflow bei der Aufnahme von einer Folge vorstellen? Die Leute können ja anrufen oder eine Mail schreiben. Macht ihr dann ein Vorgespräch und bestellt sie zu einem bestimmten Zeitpunkt oder wie funktioniert das?
Jürgen: Die Produktion ist fast identisch mit einer Live-Sendung, mit dem Unterschied, dass es nicht live ist. Es wird immer mit allen Leuten ein Vorgespräch geführt. Bei der Live-Sendung heißt es dann: Du kommst gleich auf Sendung. Oder wenn die Kollegen früher mit dem Anrufer gesprochen haben: Du kommst heute Abend live auf Sendung. Das ist beim Podcast ähnlich. In der Regel zeichnen wir um 21 Uhr auf. Meine Redaktion macht im Vorgespräch die Uhrzeit für den Rückruf fest und los gehts.
Wie entscheidet ihr dann, ob die Person in die Live-Sendung kommt oder in den Podcast? Oder können die sich das wünschen?
Jürgen: Weißt du, das kann ich dir gar nicht ganz klar beantworten, weil ja alles Redaktionelle von mir ferngehalten wird. Vor den Sendungen und den Podcasts weiß ich überhaupt nicht, was auf mich zukommt. Ich habe allerdings von meinen Redakteuren gehört, dass es einige Leute gibt, die lieber in den Podcast wollen. Da sind sie nicht so aufgeregt. Es gibt aber auch sehr viele, die sagen, es ist ihnen egal. Die wollen einfach nur mit mir reden und da ist das Medium egal.
Und was gefällt dir am Podcasten?
Jürgen: Ich kann das gar nicht spezifizieren. Ich kann dir sagen, was mir an der Sendung gefällt. Die Sendung ist der Podcast und der Podcast ist die Sendung. Die Sendung ist einfach mein Ding. Nach so vielen Jahren mache ich das immer noch mit großem Interesse, großer Freude und großer Neugierde. Weil ich im Podcast und in der Fernsehsendung mit Leuten kommunizieren kann, die ich sonst nie im Leben treffen würde. Das ist ein ungeheurer Luxus, den ich seit Jahren oder Jahrzehnten hoch schätze. Ja, man kann als Journalist viel rumkommen. Aber so viele unterschiedliche Menschen mit teilweise extremsten Anliegen und Geschichten kennenzulernen, wenn auch nur akustisch, ist ein ungeheures Privileg.
Es gibt ja nicht besonders viele Call-in-Podcasts. Wenn jetzt jemand dieses Interview liest und sich denkt, so was wollte ich eigentlich immer schon mal machen, hast du da Tipps?
Jürgen: So abgedroschen es sich auch anhört: Macht das ehrlich! Biegt da nicht was rum, täuscht nicht irgendwelche Sachen vor, recherchiert nicht ausgefallene Geschichten vorher und präsentiert sie dann als einen spontanen Act. Genau davon lebt eine gute Call-In-Show. Das war und ist das in Beton gegossene Prinzip unserer Show. Ohne Ehrlichkeit und Authentizität geht gar nichts. So schafft man Vertrauen. Ohne Vertrauen kannst du einpacken.
Was macht einen guten Talk aus?
Jürgen: Alle entscheidenden Fragen zu stellen und die Leute ernst zu nehmen. Jeden!
Während der Recherche habe ich mich gefragt: Würdest du sagen, dass »Domian 2021« ein Interview-Podcast ist? Siehst du dich selbst als Interviewer?
Jürgen: Nein, es ist eine Mischung aus Interview und … dafür gibt es gar keine offizielle Bezeichnung. Mein damaliger Chef Fritz Pleiten, der Intendant des WDR, sagte zum Sendestart zu mir: »Seien Sie so privat wie möglich und stellen Sie sich vor, Sie würden mit dem Anrufer beim Bier, beim Kaffee sitzen. Seien Sie ein ganz normaler Gesprächspartner und sagen Sie gerne auch Ihre Meinung zu den Dingen.« Das ist ja eigentlich gar nicht so erwünscht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bei unserer Sendung aber schon. Wenn ich nur der Fragende wäre, würden wir beide jetzt nicht miteinander reden. Die Sendung wäre nie bekannt geworden.
Die Leute schätzen es sehr, dass da jemand mit Haltung und Meinung sitzt. Auch wenn man sich ab und zu über ihn ärgert oder sich an ihm reibt. Es ist wie im Privatleben: Ich will ja auch keinen Freund haben, der mich nur ausfragt und nickt. Ich will seine Meinung hören. Ich will mich vielleicht auch mal mit ihm streiten. Durch Auseinandersetzungen findet man ja oftmals erst den eigenen Weg.
Du hast in einem Interview gesagt, dass es dich gewundert hat, dass in den ganzen Jahren nie jemand anderes, ein anderer Sender auf die Idee gekommen ist, so was wie »Domian« zu machen. Was glaubst du, woran das liegt, dass es so wenig Talk-Formate mit »normalen« Menschen gibt? Die meisten sind ja immer mit Promis.
Jürgen: Mich hat es gewundert, ja. Aber letztendlich ist es mir auch klar geworden, warum es so war, dass kein anderer Sender das gemacht hat. Weil man dafür starke Chefs braucht. Denn eine solche Sendung ist ein Seiltanz. Es ist immer live, überall liegen Mienen, sehr viel kann schiefgehen. Die meisten Sender-Chefs haben einfach keinen Bock, sich da Ärger einzuhandeln.
Dir vertrauen ja in deiner Sendung und in deinem Podcast Leute sehr intime Details an und vertrauen dir, weil du so gut zuhören kannst. Aus meiner eigenen Erfahrung muss ich sagen, dass mir zuhören manchmal sehr schwerfällt. Wie kann man zuhören lernen?
Jürgen: Das ist eine schwierige theoretische Frage. Ich glaube, indem man sich bemüht, das Gegenüber so ernst zu nehmen, wie nur irgend möglich. Wenn du jemanden wirklich ernst nimmst in seinem Anliegen, hörst du automatisch genau zu, was er sagt, um adäquat darauf zu reagieren.
Hast du vielleicht so einen Tipp oder einen Trick, wenn man merkt, dass die Gedanken abschweifen, wie du dich wieder zurückholst?
Jürgen: Da höre ich die Kollegin sprechen. (lacht) Das kennen wir alle. Und das ist auch menschlich. Ich finde, man bricht sich keinen ab, wenn man nochmal nachfragt. Wenn man nicht unhöflich sein möchte, kann man ja sagen: »Ich habe nicht richtig verstanden, was du gesagt hast.« Man darf dem Gesprächspartner aber auch nicht zu viel Raum geben, denn dann läuft man Gefahr nicht mehr richtig zuzuhören. Es gibt ja Menschen, die sich unglaublich gern reden hören. Da muss man dann radikal sein und dazwischen gehen. Das finde ich bis heute extrem schwierig, denn die Grenze zur Unhöflichkeit ist sehr leicht überschritten. Letztendlich ist das aber Übungssache.
Ich stelle es mir schwierig vor, dadurch, dass du dich nicht vorbereiten kannst, hast du natürlich auch keine Fragen aufgeschrieben. Wie schaffst du es, dir im Gespräch aufkommende Fragen zu merken? Oder schreibst du die ganze Zeit mit? Wie schaffst du es da bei der Sache zu bleiben?
Jürgen: So wie ich bei der Sache bleibe, wenn ich mit einem Freund im Café sitze und er erzählt mir aus seinem Leben. Da habe ich auch keinen Zettel. Ich schreibe mir übrigens immer nur den Namen und das Alter auf. Sonst nichts. Ich glaube, die Kunst des Gespräches oder des Interviews ist es, auf Nuancen zu achten. Vielleicht legt dir dein Gesprächspartner einen kleinen Begriff hin, den du aufgreifen solltest, um etwas Neues, vielleicht sogar etwas Entscheidendes zu erfahren. Wenn du schon zu viele Fragen vorbereitet hast, willst du deinen Fragenkatalog abarbeiten und übersiehst vielleicht ein Juwel, was dir dein Gegenüber hinlegt. Grundsätzlich bleibt die Regel: Zuhören, zuhören, zuhören!
Du hast eine Redaktion, die die Gäste und deren Geschichten vorher durchcheckt. Das machen viele Podcaster:innen auch, sie bereiten sich auf den Gast vor – und dann merken sie im Gespräch manchmal: Eigentlich ist die Geschichte ziemlich langweilig, die der oder die zu erzählen hat. Was würdest du sagen, wie holt man da das Beste noch raus?
Jürgen: Indem man sein Konzept komplett über Bord wirft und sich auf das einlässt, was man hört. Das ist die einzige Chance. Wenn du mit Gedeih und Verderb versuchst, doch noch das rauszukriegen, was vermeintlich das Interessante ist, kannst du es vergessen. Gelingt natürlich nicht immer.
Hörst du privat eigentlich Podcasts?
Jürgen: Ja, ab und zu.
Hast du einen Lieblings-Podcast?
Jürgen: Nein, habe ich nicht.
Vielleicht ein Lieblings-Genre?
Jürgen: Politik und Gesellschaft würde ich jetzt mal so ganz grob sagen. Ich switche auch bei den Sendungen, die ich im Fernsehen gucke oder der Zeitungen, die ich lese, hin und her. Das ist so in mir drin, weil es die einzige Vorbereitung für meine Arbeit war, immer relativ umfassend informiert zu sein. Deswegen habe ich früher von Bravo bis FAZ alles gelesen, damit ich so einigermaßen auf dem Schirm hatte, was die Leute bewegt.
Von deinem Podcast waren ursprünglich fünf Folgen geplant, mittlerweile seid ihr bei 15. Ich gehe davon aus, dass das heißt, dass der Podcast ein großer Erfolg ist.
Jürgen: Ja, der ist ein großer Erfolg, was die Abrufzahlen anbelangt. Ich habe mit den Ohren geschlackert, als die ersten Zahlen kamen. Ich freue mich riesig und bin sehr dankbar.
Und gibt es nächstes Jahr dann »Domian 2022«?
Jürgen: Davon gehe ich fest aus. In welcher Konstellation auch immer.
Kannst du dir in Zukunft vorstellen, noch mehr Podcasts zu machen? Hast du Blut geleckt?
Jürgen: Absolut. Ich könnte mir auch vorstellen, zusätzlich noch einen ganz anderen Podcast zu machen. Zum Beispiel in der Kombination mit einem Comedian. Ich finde es immer äußerst reizvoll, sich mit Leuten zu kombinieren, die auf den ersten Blick gar nicht zu einem selbst passen. Ich habe vor einer Weile einige Showprojekte zusammen mit Atze Schröder gemacht. Das war grandios und das Publikum hellauf begeistert. Atze und Domian? Die Leute waren zunächst völlig überrascht und dann entsprechend neugierig. So etwas in der Art könnte ich mir gut vorstellen.
Foto von Jürgen Domian: © WDR / Annika Fußwinkel
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