11.06.2021
Denise Fernholz

Was Podcaster*innen über NFTs wissen sollten

Interview mit Torge Schwandt und Misch Strotz vom Podcast "Z4AUBERSHOW" über NFTs

Anfang März hatte ich zum ersten Mal über NFTs in unserem Podcast-Newsletter berichtet. Fynn Kliemann hatte da gerade seine NFT-Jingle-Versteigerung gestartet und ein Podcast aus den USA, »Techmeme Ride Home«, hatte laut eigener Aussage als erster Podcast der Welt eine ihrer Episoden als NFTs verkauft. Seitdem ist der Hype im Mainstream ein bisschen abgeflacht – aber ich habe mich die ganze Zeit gefragt: Wie funktioniert das eigentlich? Vor allem mit Podcasts?

Ein Glück, dass ich zwei gefunden habe, die mir alle meine (manchmal auch dummen) Fragen zu NFTs beantworten konnten: Torge Schwandt und Michel »Misch« Strotz. Die beiden sind eigentlich Gründer und CEOs ihrer eigenen Firmen, hosten in ihrer Freizeit aber einen Podcast, die »Z4UBERSHOW«, aus deren besten Szenen sie NFTs gemacht haben, die »Z4UBERTRICKS«, und auf dem NFT-Marktplatz OpenSea verkaufen.

Falls ihr jetzt denkt: WTF? NFT steht für »Non-Fungible Tokens« und bedeutet so viel wie einzigartige, unzerstörbare, nicht austauschbare Krypto-Güter. Sie sind sowas wie digitale Sammlerstücke, die einzigartig und fälschungssicher sind, aber in verschieden großer Auflage angeboten werden können. Sie sind meistens Teil der Blockchain der Kryptowährung Ethereum, funktionieren aber nicht wie Bitcoins, da diese ja nicht einzigartig sind. Das Verrückte an NFTs: Die meisten von ihnen sind (erstmal) frei im Internet verfügbar. Es geht aber darum, dass Menschen den Token besitzen wollen. Als Einzige*r auf der Welt. Sie sind eine neue Art der Investition – und ermöglichen es digitalen Künstler*innen, mit ihren Werken Geld zu verdienen, obwohl diese unendlich reproduzierbar sind. Für mehr Infos empfehle ich euch diesen OMR-Artikel oder diesen von FinanceFWD.

Aber welche Chancen bietet das für Podcaster*innen? Das erfahrt ihr im Interview!

Interview über NFTs mit Torge Schwandt & Misch Strotz

Torge: Bei mir war das Ende 2015, Anfang 2016, als ein paar Freunde von mir angefangen haben, einen Podcast zu machen. »Startup Notes« hieß der. Da bin ich nach kurzer Zeit dann Mitglied des Teams geworden und habe mitproduziert. Aus »Startup Notes« wurde dann eine Podcast-Produktionsfirma: Invisible Media, mit der wir über die Jahre Shows für Blinkist und McKinsey konzipiert und umgesetzt haben.

Misch: Bei mir liegt das schon ein bisschen länger zurück. Zehn Jahre müsste das jetzt her sein, da hatten wir eine Firma hier in Luxemburg, »L Pod«, also »Luxemburg Podcast«. Ich will nicht sagen, wir waren die allererste Firma, aber wir waren einer der ersten Gruppierungen in Luxemburg, die mit dem Medium Podcast experimentiert haben. Das war damals nicht sonderlich erfolgreich, natürlich auch sehr amateurmäßig, weil wir noch Schüler und Studenten waren – aber das Medium an sich war zu diesem Zeitpunkt auch noch sehr jung.

Warum glaubt ihr, sind NFTs für Podcaster*innen attraktiv? Also warum sollten sich Podcaster*innen jetzt nach diesem Interview hinsetzen und sich darüber informieren?

Torge: Podcasting hat sich mittlerweile zu einem Medium entwickelt, das immer mehr professionalisiert wird. Es sind riesige Shows entstanden, es wird viel Geld damit verdient und auch große Medienhäuser haben eigene Podcast-Formate oder sogar ganze Podcast-Plattformen. Aber gleichzeitig bietet Podcasting noch unglaublich viel Potenzial für Independent-Producer und Nischen-Themen. NFTs bieten für beide Seiten die Möglichkeit, Content zu monetarisieren, und dabei gleichzeitig unabhängig zu bleiben.

Misch: Das Schwierige ist gerade noch, Fans zu finden, die dich supporten wollen UND NFTs verstehen. Unser Podcast »Z4UBERSHOW«, mit dem wir ein paar NFTs namens »Z4UBERTRICKS« erstellt haben, ist eigentlich noch zu jung dafür, aber wir wollten es trotzdem mal ausprobieren. Jemand, der schon eine riesige Audience hat und mit seinen NFTs erfolgreich ist, ist der YouTuber und Social-Media-Experte GaryVee. Der hat »VeeFriends« verkauft, so hat er seine NFTs genannt. Die hat er mit einem Real-Life-Perk verbunden. Das heißt, wenn du ein NFT von ihm gekauft hast, konntest du zum Beispiel zu einem Meet & Greet mit ihm, oder mit ihm fischen gehen, oder Abendessen, oder sogar Tennis spielen. Da streiten sich die Leute dann natürlich drum. Und da entsteht dann auch ein ganz neuer Markt, Leute kaufen sich diese Tokens gegenseitig ab. Sowas ist bei bekannten Podcasts natürlich auch denkbar. Bis jetzt hat man an den Podcast via »Buy Me a Coffee« einen Kaffee oder eine Pizza gespendet oder ihn auf Patreon unterstützt. Aber so ein digitaler Auktionsmarkt um einen Creator herum, das gab’s bisher noch nicht.

Torge: Das kann auch die eigene Marke und die Beziehung zu den Fans stärken. Man erschafft mit den NFTs eine Art Fanartikel, die die digitale Welt mit der Offline-Welt verbinden können. Zum Beispiel indem sie die Eintrittskarte zu einem exklusiven Offline- oder Online-Event sind.

Misch: Das kann man dann noch weiterdenken, Stichwort: Metaverse. Es gibt basierend auf Ethereum so Plattformen wie Decentraland, auf denen du als digitaler Avatar agierst, wie bei Second Life früher. Man könnte zum Beispiel sagen, der NFT, den du in deinem digitalen Wallet hast, agiert als Eintrittskarte für einen digitalen Raum, in dem ein Live-Gespräch stattfindet.

Torge: Man kann da natürlich jetzt sagen: Warum sollten Leute das überhaupt machen? Ist das nicht alles total verrückt? Das klingt immer noch sehr nach Sci-Fi. Aber man muss sich immer wieder vor Augen führen: Unsere Generation hat es noch kennengelernt, wie es ist ohne Smartphone zu leben. Die Kinder, die heute geboren werden, kennen die Welt gar nicht mehr ohne Smartphone. Wer weiß, was die nächsten Jahre noch bringen.

Ein großes Thema sind ja gerade Paid Podcasts. Und Misch hat ja gerade auch schon Patreon angesprochen. Glaubt ihr, dass NFTs eine Alternative zu solchen Plattformen sein werden?

Misch: Eine Alternative ganz sicher. Aber das bedeutet nicht, dass jetzt so Plattformen wie Patreon von heute auf morgen verschwinden werden, ganz sicher nicht. Zum Beispiel haben wir jetzt noch bei den NFTs dieses Problem, das läuft halt auf Ethereum, auf der Ethereum-Blockchain. Und Ethereum hat, Stand heute, sehr hohe »Gas-Kosten«. [Anm. d. Red.: Das sind die Transaktionsgebühren der Ethereum-Blockchain.] Das heißt, wenn du jemandem fünf Euro spenden willst, ist das »Gas«, das du dafür bezahlen musst, schon teurer als die Spende. Das System ist noch nicht darauf ausgelegt, kleinere Beträge zu transferieren. Wir sind da gerade noch ganz am Anfang. Man kann es sich ungefähr so vorstellen wie zu der Zeit der ersten E-Mails, als es noch keine E-Mail-Programme gab. Ein Stichwort hier ist aber auch Social Media. Man geht davon aus, dass vieles von dem, wie wir es heute kennen, ersetzt wird durch eine Struktur, die auf Web 3 basiert. Das heißt zum Beispiel, dein Instagram-Konto wird irgendwann ersetzt durch ein Konto, auf dem du die NFTs zur Schau stellst, die du besitzt. Und wenn du dann Fan von einem Podcast bist, kaufst du einen seiner NFTs und zeigst damit öffentlich, dass du Fan bist.

Torge: Gestern hatten wir einen Gast da, der hatte ein Shirt von »Gemischtes Hack« an. In Zukunft wird er dann wahrscheinlich einen NFT von dem Podcast kaufen, um auch digital seine Zugehörigkeit auszudrücken. Man könnte Fans mit speziellen NFTs sogar zu Teilhabern der ganzen Firma werden lassen. Oder man erteilt dadurch ein Mitspracherecht, mit dem die Käufer entscheiden, wer in der nächsten Episode Gast wird. Solchen Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Plattformen wie Patreon irgendwann ein NFT-Feature launchen, um es den Kreativen einfacher zu machen, NFTs anzubieten.

Nehmen wir an, ich würde jetzt gerne aus einem unserer Podstars-Podcasts einen NFT erstellen wollen – was bräuchte ich dafür? Also abgesehen von einer Wallet.

Misch: Es gibt im Grunde zwei Möglichkeiten, wie du an die Sache herangehen kannst: die einfache, billige, aber uncoole Variante, oder die technisch kompliziertere und in der Szene akzeptierte Methode. Du kannst über Drittanbieter wie OpenSea – die haben wir auch für unsere »Z4UBERTRICKS« benutzt – quasi umsonst deine eigenen NFTs erstellen. Es gibt auch noch Mintable und Rarible. Der Nachteil dabei ist, dass beim Minten, also der Erstellung deiner NFTs, auf der Blockchain immer der erste Eintrag von dieser Plattform kommt. Das ist natürlich nicht so cool, als wenn dein eigener Name da stehen würde, weil du es selbst gemacht hast.

Wichtig ist aber erstmal die Frage: Was willst du überhaupt als NFT verkaufen? Das NFT an sich ist ja nur ein Entry auf der Blockchain. Das ist kein Visual, keine Tonspur, das musst du immer an irgendwas linken. Als Podcast hast du da verschiedene Möglichkeiten. Du kannst so wie wir sagen, du verkaufst zum Beispiel die besten Szenen aus der Show als Snippets.

Torge: Man könnte auch sowas sagen wie: Eine Episode wird in zehn Teile zerteilt, in zehn verschiedene Tokens, und jeder dieser zehn Besitzer kriegt dann etwas, wenn die Episode 10.000 Plays erreicht. Dann hätten die Leute sogar noch einen Anreiz zu sagen: Ich pushe die Episode und helfe dabei, dass diese 10.000 Plays erreicht werden.

Das Minten kostet ja, soweit ich es verstanden habe, Geld beziehungsweise »Gas«. Wie teuer ist das und wie teuer müsste ich dann mein NFT überhaupt verkaufen, damit es sich für mich lohnt?

Misch: Da müssten wir natürlich wieder zurück auf die Ausgangsfrage, welche von beiden Methoden wählst du. Auf Plattformen wie OpenSea, da kannst du das, glaube ich, mittlerweile gratis minten. Du musst nur einmal mit diesem Smart Contract interagieren und umgerechnet, Stand heute, so 20 Euro »Gas« bezahlen. Du musst immer »Gas« bezahlen, um eine signifikante Aktion auf Ethereum machen zu können. Wir selbst verkaufen unsere »Z4UBERTRICKS« für mindestens 0,1 Ethereum, was jetzt umgerechnet schon 300 Dollar sind. Darunter macht‘s für den Käufer fast keinen Sinn mehr, denn wenn er zum ersten Mal über OpenSea etwas kaufen will, muss er auch »Gas« bezahlen. Man kann schon sagen, das »Gas« ist ein großes Problem mittlerweile.

Wenn ich meinen NFT für 0,1 Ethereum anbiete und der Wert der Währung steigt, heißt das ja dann auch, es wird für die, die es kaufen wollen, immer teurer. Gibt es da eine Lösung? Im Podcast von Paula Thurm habt ihr erzählt, dass eure NFTs mittlerweile viel teurer sind, als ihr damals eigentlich geplant hattet.

Misch: Genau! Aber du musst die NFTs nicht mit Ethereum verkaufen, es gibt die sogenannten Stable Coins auf Ethereum, wo du sagen kannst, ich verkaufe die NFTs zum Beispiel für 300 US-Dollar. In diesem Zusammenhang wird aber das »Gas« immer in Ethereum bezahlt. Das heißt, wenn der Preis von Ethereum steigt, steigt auch der »Gas-Preis«. Aber das ist nur zweitrangig verbunden mit dem Preis von deinem Token.

Ist das bei NFTs eigentlich so wie bei Bitcoins, dass wenn ich den Key zu meiner Wallet verliere, auf der mein NFT-Zertifikat gespeichert ist, dann auch der NFT weg ist?

Misch: Also weg ist er nicht. Er ist schon noch auf deiner Wallet, aber du wirst nie wieder beweisen können, dass er dir gehört. Aber man sollte die Begriffe nicht vermischen. Ich vergleiche ein NFT immer mit einem Mietvertrag bei einem Haus. Du kaufst bei einem NFT ja nicht ein reelles Ding, sondern die Ownership Rights, die Bragging Rights, also das Recht, damit »prahlen« zu dürfen. So wie du beim Mietvertrag nicht das das ganze Haus kaufst.

Wie sieht das rechtlich eigentlich aus? Ich bekomme zwar dieses Zertifikat, aber wenn ich mich jetzt vor Gericht streiten würde mit dem Künstler oder der Künstlerin, was habe ich da in der Hand?

Misch: Ein NFT ersetzt nicht das Copyright. Das heißt, wenn du einen NFT kaufst, heißt das nicht, dass du das Copyright daran kaufst.

Torge: Das ist natürlich möglich. Ein Künstler oder ein Creator kann das auch reinschreiben in die Bedingungen des Tokens.

Glaubt ihr, dass NFTs auch in der Podcast-Landschaft noch mal so eine kleine Revolution anstoßen können?

Torge: Ich denke schon, wenn Podcasting sich immer weiter in Richtung Creator Economy entwickelt, wenn Podcaster davon leben können. NFTs sind definitiv eines der Werkzeuge, die das mit möglich machen werden. Und das vollkommen unabhängig von Plattformen wie Spotify und Co. So könnte man die Episoden auf allen Plattformen frei zugänglich anbieten, aber Geld mit dem Verkauf von NFTs verdienen.

Durch das Gespräch mit Torge und Misch habe ich erst so richtig verstanden, wie krass die Möglichkeiten bei NFTs sind – auch für Podcaster*innen. Im Moment klingt das alles noch total verrückt und die wenigsten blicken so richtig durch, aber ich glaube, da kommt noch was ganz Großes auf uns zu, das nicht nur die Podcast-Landschaft verändern könnte, sondern das ganze Internet. (Bei uns unter den Podstars-Kolleg*innen gehen die Meinungen da aber ziemlich auseinander, haha.) Was meint ihr? Schreibt mir gerne eine Mail: denise.fernholz@podstars.de.

Dieses Interview ist zuerst in unserem Daily Podcast-Newsletter MIXDOWN erschienen. Abonniere ihn jetzt und verpasse keine Neuigkeiten und spannenden Interviews mehr aus der Podcast-Branche!

Denise Fernholz

Schreibt für Podstars den Podcast-Newsletter MIXDOWN und versucht, möglichst viele Fotos ihrer Katzen Polly und Coco darin unterzubringen. (Klappt meistens.)

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